Fort von mir von -Red-Karasu ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Fort von mir „Vielleicht solltest du dich … entschuldigen?“ Sakito löste seinen Blick von den Spinnweben an der Zimmerdecke, die er vor einigen Stunden beim Starren an ebendiese entdeckt hatte. Nach einem langsamen Blinzeln warf er seinem Handy, das auf Lautsprecher gestellt auf dem Couchtisch lag, einen vernichtenden Blick zu. Er biss sich auf seine ohnehin wund gekaute Unterlippe, um den sarkastischen Kommentar zu unterdrücken, den Hitsugi so momentan nicht verdient hatte. Vielleicht war das Fortschritt? Dass ihm bewusst war, dass er die Scheiße, die er sich selbst vollkommen im Alleingang eingebrockt hatte, nicht an anderen auslassen sollte. Erkenntnisse, die andere Leute vermutlich im Kindergartenalter hatten. Gott, er war erbärmlich. „Bist du noch da?“ Die Worte waren voller Sorge und entlockten Sakito ein tiefes Seufzen. „Ja, ich musste mich nur kurz selbst bemitleiden.“ Hitsugis trockenes Lachen ließ ihn schwach lächeln. Immerhin. „Um zu deinem Punkt zurückzukommen: Ich weiß, dass ich das sollte. Mich entschuldigen. Aber …“ „Dein Stolz steht dir im Weg?“ Erneut traf ein giftiger Blick das unschuldig auf dem Tisch liegende Telefon. Hitsugis Menschenkenntnis, was ihn betraf, war einfach widerlich. „… Das und er geht nicht an sein Handy.“ Einige Sekunden lang herrschte Stille, aber Sakito überkam das Gefühl, dass sein bester Freund gerade zumindest mental in ein Kissen schrie. Nicht, dass er selbst dieses Bedürfnis nicht nachvollziehen konnte. „Okay“, bildete er sich das ein oder ähnelte Hitsugis Tonfall gerade dem eines Grundschullehrers, der versuchte, einem besonders bockigen Kind Anweisungen zu geben? „Noch mal von vorn.“ „Wenn es sein muss.“ „Muss es, ganz offensichtlich.“ Er hörte das Geräusch eines Feuerzeugs und gleich darauf einen tiefen, mit Sicherheit nikongetränkten Atemzug. Himmel, er würde gerade vieles dafür geben, es ihm gleichtun zu können. Leider hatte er seine Zigaretten bereits gestern aufgebraucht und war bisher nicht in der Lage gewesen, seine Wohnung zu verlassen, um für Nachschub zu sorgen. „Du hast, und verzeih mir diesen Hinweis, nicht zum ersten Mal, deine Beziehung mit Ni~ya gegen die Wand gefahren, weil du – ich sage das mit viel Liebe – ein egoistischer Bastard sein kannst.“ „… Ja.“ „Gut. Und Ni~ya hat also einmal in seinem Leben Konsequenzen daraus gezogen, statt dir einfach alles durchgehen zu lassen und ist bis auf Weiteres zu seiner Schwester zurück nach Sendai gezogen?“ „Ja.“ „Und du saßt drei Tage lang in eurer Wohnung, hast dir das Hirn weggesoffen und geraucht wie ein Schlot, in der Hoffnung, dass er es sich anders überlegt und zurückkommt, weil er schließlich nicht ohne dich leben kann.“ „Ja?“ „… Sakito, dir ist klar, dass das keine besonders gesunde Dynamik ist, oder?“ „Hör auf, mich zu psychoanalysieren.“ Er kniff unwillig die Augen zusammen, denn auch wenn ihm das niemand glauben würde, war ihm durchaus bewusst, dass sein Verhalten alles andere als in Ordnung war. Dass Ni~ya etwas Besseres verdient hatte, als ständig seinen Launen ausgesetzt zu sein. „Mache ich, sobald du einsiehst, dass du, wenn du irgendwie eine Chance haben willst, das mit euch noch zu retten, vielleicht etwas mehr Einsatz zeigen solltest.“ Tatsächlich eine Erkenntnis, zu der er es bereits alleine geschafft hatte. Sakito fuhr sich müde mit beiden Händen übers Gesicht und kniff die Augen zusammen. Ihm war nicht geholfen, wenn er jetzt wieder anfing zu weinen, wie ein Kind, dem man seinen Lolli weggenommen hatte. „Und wer sagt mir, dass es das ist, was er will?“ „Was?“ Hitsugis Tonfall war so überrascht, dass es ihn wütend machte. „Was bringt es mir, wenn ich zu seiner Schwester fahre und vor ihrer Tür stehe und versuche ihm zu erklären, dass es mir leidtut und ich alles tun würde, damit er zurückkommt, wenn er sich davon eingeengt fühlt und eigentlich einfach seine Ruhe vor mir haben will.“ Allein die Worte auszusprechen, führte dazu, dass sich sein Brustkorb schmerzhaft zusammenzog und seine Augen brannten. Er kannte Ni~ya schon zu lange, um nicht zu wissen, dass er diesmal mit seinem Bullshit eine Grenze überschritten hatte, von der es vielleicht kein Zurück gab. Er hatte es in den Augen seines Partners gesehen – da war nichts mehr von der amüsierten Wärme zu sehen, mit der er Sakito und seine Kapriolen sonst bedachte. Da war nur … Schmerz und Leere gewesen. Die Erkenntnis, dass es so nicht weitergehen konnte. „–zurückholen sollst“, bekam er gerade noch das Ende von Hitsugis Antwort mit. „Was?“ „Du sollst ja nicht hinfahren, ihn fesseln und hierher zurückschleppen. Sondern ihm zeigen, dass es dir nicht egal ist, dass er gegangen ist. Oder ihm das sagen. Ob es etwas bringt, weißt du erst, wenn du es versucht hast, aber du solltest einmal im Leben über deinen verdammten Schatten springen, wenn dir etwas an ihm liegt.“ Treffer, versenkt. „Du weißt, dass das so ist.“ Ein tiefes Seufzen vom anderen Ende der Leitung. „Dann sag es ihm.“   ✧✧✧ Es hatte nach ihrem Telefonat noch einige Zeit gedauert, bis Sakito sich endgültig von seinem Sofa hatte lösen können – die Decke, die noch vage nach Ni~yas Aftershave roch, schien ihm eine bessere Gefährtin als das kalte Apartment. Als Sakito sich dann schließlich aufgerafft und im Vorbeigehen in seinem Badezimmerspiegel betrachtet hatte, war er beinahe zurückgeschreckt. Vermutlich hatte der Ausdruck ‚Tod auf Latschen‘ noch nie so gut zu einem Menschen gepasst, wie zu ihm in diesem Moment. So konnte er Ni~ya auf keinen Fall unter die Augen treten. Nicht, wenn er sich schon selbst so nicht sehen wollte. Und so ungern er es zugegeben hätte, nach einer ausführlichen Dusche und ohne Stoppeln im Gesicht fühlte er sich zumindest ein kleines bisschen – nun, nicht besser, aber zumindest mehr wie er selbst. Dennoch hatte er vor dem nächsten Schritt gezögert. Die Sonne war bereits vor Stunden untergegangen, und auch wenn das im Dezember nicht viel heißen musste und die Straßen heute Nacht vermutlich leer sein würden, hatte er eine lange Fahrt vor sich. Er würde erst mitten in der Nacht in Sendai ankommen und vermutlich wäre es alles andere als ideal, Ni~yas Familie aus dem Schlaf zu klingeln, wenn er zeigen wollte, dass er nicht immer so ein egoistisches Arschloch war, wie es den Anschein machen konnte. Also beschloss er, sich, während er an einem Drive-in auf das Fastfood wartete, das ihm hoffentlich genug Energie für viereinhalb Stunden Nachtfahrt geben würde, ein Hotelzimmer zu suchen. Er hasste billige Hotels, mehr als die meisten anderen Dinge in seinem Leben, aber an Silvester noch etwas zu finden, was nicht seiner Definition von ‚billige Kaschemme‘ entsprach und kein Stundenhotel war, war quasi ausgeschlossen. Und – auch wenn er sich für den Gedanken hassen wollte – wenn es ihm dabei half, seine Beziehung mit Ni~ya noch irgendwie zu kitten, war eine weitere schlaflose Nacht ein Opfer, das man durchaus von ihm verlangen konnte. Musste er also nur noch irgendwo den Mut finden, Ni~ya auch unter die Augen zu treten.   ✧✧✧ So wirklich hatte er ebendiesen so dringend benötigten Mut auch dann nicht gefunden, als er sich langsam durch den Morgennebel schleppte, der vom Meer im Morgengrauen in die Stadt gekrochen war. Wie befürchtet, hatte Sakito auch in dieser Nacht kein Auge zugetan, sodass seine ersten Schritte an diesem Tag aus seinem Hotelzimmer direkt zum nächstgelegenen Coffeeshop geführt hatten. Zwar hatte er sich beim ersten Schluck direkt die Zunge verbrannt, aber immerhin hatte er einen halbwegs warmen Ort gefunden, an dem er warten konnte, bis die Sonne wieder begann, über den Horizont zu kriechen. Es war seltsam, jetzt durch die Straßen seiner Heimatstadt zu laufen, begleitet von einer Unsicherheit, die er so nie mit Sendai in Verbindung gebracht hatte, und mit einer Stimme im Kopf, die geradezu danach flehte, seinen Weg abzubrechen, um der anstehenden Konfrontation aus dem Weg zu gehen. Und dann stand er unvermittelt, schneller, als ein Teil von ihm gehofft hatte, vor dem kleinen Haus am Stadtrand, in dem Ni~yas Schwester mit ihrer Familie wohnte, und redete sich ein, dass seine Hände nur wegen der Kälte zitterten. Was machte er hier eigentlich? Was, wenn Ni~ya längst auf dem Rückweg nach Tokyo war? Oder schlimmer – was, wenn er hier war, sich aber weigerte, mit ihm zu sprechen? Wenn er Ni~yas Zeit einfach nicht mehr wert war, weil er einmal zu oft seine Grenzen missachtet hatte? Sakito war nicht sicher, wie lange er vor der weißen Eingangstür stand, zuckte aber heftig zusammen, als sich jemand hinter ihm räusperte. Als er sich umdrehte, spürte er förmlich, wie ihm der letzte Rest Farbe aus dem Gesicht wich. Und Ni~ya stand einfach da, genauso müde, wie er selbst, und sah ihn schweigend, mit fragend nach oben gezogenen Augenbrauen, an. „Hi.“ Ein Nicken war die einzige Antwort, die er bekam. Sakito zwang sich dazu, ruhig durchzuatmen, bevor er noch einmal ansetzte. „Können wir … reden?“ Erneut herrschte Stille, bis Ni~ya schließlich seinen Blick von ihm abwendete und stattdessen die leeren Beete im Vorgarten seiner Schwester inspizierte. „… Gibt es denn noch etwas zu reden?“, fragte er schließlich. „Ich hatte gedacht, dass du schon alles losgeworden bist, was du über mich denkst.“ Als Ni~yas dunkle Augen sich wieder auf ihn richteten, war es Sakito, der dem Schmerz in ihnen nicht standhalten konnte. Was hatte er sich eigentlich hierbei gedacht? Dass alles einfach wieder gut sein würde? „Ich wollte mich entschuldigen“, begann er leise. „Und ich weiß, dass das nicht im Entferntesten ausreicht.“ „Da hast du nicht Unrecht.“ Wenn Ni~ya wenigstens wütend geklungen hätte, hätte ihm das die Sache vielleicht einfacher gemacht. Aber er klang einfach nur genauso erschöpft und ausgelaugt, wie Sakito sich fühlte. „Ich weiß, dass ich … quasi alles falsch gemacht hab, was nur geht. Und ich weiß, dass du es nicht verdient hast, dass ich so bin.“ „Stimmt.“ Für einen kurzen Moment kreuzten sich ihre Blicke, ehe Sakito wieder das Strickmuster des hellen Pullovers fixierte, das Ni~ya trug. Sakito wünschte sich nichts mehr, als sich an die weiche Wolle und in Ni~yas Arme schmiegen zu können, so wenig ihm das im Moment auch zustand. Und da war es wieder, dieses verräterische Brennen in seinen Augen, gegen das er in den vergangenen Tagen immer wieder vergeblich angekämpft hatte. Nur mit Mühe schaffte er es, gegen den Kloß in seinem Hals anzuschlucken. „Warum bist du hier?“ Die Frage überraschte ihn genug, um ihn aufsehen zu lassen. „Um dir das zu sagen. Also, dass es mir leidtut und ich weiß, dass …“, er zwang sich, tief durchzuatmen. „Dass es so nicht weitergehen kann. Dass ich das Problem bin.“ Ni~ya nickte bedächtig und Sakito war nicht sicher, was die Geste zu bedeuten hatte. Er hatte immer gedacht, Ni~ya beinahe so gut zu kennen wie sich selbst, aber gerade war es ihm unmöglich, den Gesichtsausdruck seines Gegenübers zu deuten. „Okay.“ „Was?“ „Okay. Du hast es gesagt. Was jetzt?“ „Ich … weiß nicht?“ Und leider entsprach das tatsächlich der Wahrheit. Vielleicht hätte er die Fahrt hierher nutzen sollen, um weiter zu planen, als bis zum Schritt ‚hoffen, dass Ni~ya überhaupt mit mir spricht‘. Natürlich wusste er, was er wollte – er wollte Ni~ya einpacken und mit ihm nach Hause fahren, und die nächsten Wochen oder Monate damit verbringen, ihm zu zeigen, wie leid es ihm wirklich tat und wie sehr er ihn liebte. Aber er wusste auch, dass das nicht passieren würde. Offensichtlich hatte auch Ni~ya mehr erwartet, denn er wartete noch einige wenige Augenblicke auf eine Antwort, eher er einen Hausschlüssel aus seiner Hosentasche fischte und Anstalten machte, sich an Sakito vorbei zur Haustür zu bewegen. Ehe er darüber nachdenken konnte, streckte Sakito eine Hand aus und griff nach Ni~yas. „Geh nicht, bitte.“ Seine Stimme war leise und brüchig, schien aber zumindest auf Gehör zu stoßen. „Ich kann nicht so tun, als ob alles wieder in Ordnung ist, nur, weil du es einmal in deinem Leben schaffst, dich zu entschuldigen, Sakito.“ „Ich weiß.“ Diesmal hatte er keine Chance gegen die Tränen, die sich in seinen Augen sammelten. „Ich wollte nur, dass du weißt, dass es mir nicht egal ist. Wenn du mich nicht sehen willst, dann … verstehe ich das. Ich … würde nur gern versuchen, es wieder gutzumachen, wenn das noch geht.“ Er spürte mehr, als er sah, wie Ni~ya sich wieder ganz zu ihm herumdrehte und auch in seinen Worten war ein deutliches Kratzen zu vernehmen. „Ich will dich immer sehen, das ist ja das Problem.“ Gegen jede Anstrengung schlich sich ein winziges Lächeln auf Sakitos Lippen. „Aber ich kann nicht einfach mit dir zurück nach Tokyo kommen und so tun als wäre alles okay, nicht nach allem, was passiert ist.“ Für einen Moment wusste er nicht, was er dazu sagen sollte. Er hatte damit gerechnet. Oder nein – allein, dass sie ein Gespräch führten, war mehr, als er sich ausgemalt hatte, wenn er ehrlich war. Also nickte er letztlich nur, nicht sicher, wie er die widersprüchlichen Emotionen, die in ihm tobten, in Worte fassen sollte, bis sich letztlich eine Frage herauskristallisierte. „Willst du … dass ich ausziehe?“ „Was?“ „Bis du zurückkommst. Soll ich weg sein? Ich weiß doch, wie sehr du die Wohnung magst … wenn du willst, gehe ich woanders hin.“ Jedes seiner Worte fühlte sich wie zerbrochenes Glas in seinem Hals an, aber letztlich wäre es das Mindeste, was er tun könnte – sicherzugehen, dass das Zuhause, das sie sich aufgebaut hatten, zumindest für Ni~ya auch weiter ein Rückzugsort sein konnte. „Sakito. Sieh mich an.“ In den Worten war ein Funke jener Wärme zu hören, die ihn schon immer so an Ni~ya angezogen hatte. Sie jetzt wahrzunehmen, ließ ihn automatisch den Kopf heben, statt wie schon eher den hellen Pullover des anderen zu fixieren. Und auch wenn Tränen in Ni~yas dunklen Augen schimmerten, lag ein kleines Lächeln auf seinen Lippen. „Ich will nicht, dass du ausziehst“, stellte er dann fest, schickte mit den wenigen Worten einen Schauer der Hoffnung durch Sakitos Körper. „Aber das heißt nicht, dass alles okay ist.“ Sakito nickte ganz automatisch, ohne nachzudenken. Er würde so ziemlich allem zustimmen, wenn es hieß, dass er Ni~ya durch seine Dummheit doch nicht ganz verloren hatte. „Ich weiß.“ „Ich werde Zeit brauchen.“ „Das ist okay.“ „Sagst du das nur, damit du nicht allein bist?“ „Was?“ Ni~ya blieb stumm, sah ihn bewegungslos abwartend an und zwang ihn allein durch sein Abwarten zu einer Antwort. Einmal mehr malträtierte Sakito seine Unterlippe, während er versuchte, seine Gedanken richtig zu ordnen. „Ja und nein“, begann er schließlich. „Ich will nicht allein sein, das stimmt, aber nur, weil ich weiß, wie es ist, wenn du da bist und wie viel fehlt, wenn du es nicht bist.“ „Das ist ja geradezu romantisch für deine Verhältnisse.“ Erneut schlich sich ein kleines Lächeln auf seine Lippen, ließ Hoffnung in Sakitos Brustkorb keimen. „Aber es ist die Wahrheit“, sagte er nach einem Moment des Zögerns nur, auch wenn er hasste, wie verletzlich er sich mit der Aussage fühlte. Aber Ni~ya hatte schon Schlimmeres aushalten müssen, jetzt war er eben an der Reihe. „Okay.“ Er sah, wie Ni~ya einen tiefen Atemzug nahm, als würde er sich innerlich für seine nächsten Worte stählen. „Ich … weiß zu schätzen, dass du hergekommen bist. Aber wie gesagt, ich–“ „Du brauchst Zeit. Ich weiß. Nimm dir, so lange du brauchst. Ich … warte dann einfach Zuhause, bis du entschieden hast, wie es weitergehen soll.“ Und ehe er noch aus Versehen etwas Dummes sagen konnte, das jeglichen Fortschritt der letzten Minuten wieder zerstören würde, war es nun Sakito, der sich umdrehte, um zu gehen. Und als wäre die Situation ein Spiegelbild, war es jetzt Ni~ya, der nach seinem Unterarm griff, um ihn zurückzuhalten. „Eine Sache noch.“ Ehe Sakito die Möglichkeit hatte, zu fragen, was er vergessen hatte, legten sich Ni~yas warme Hände an seine Wangen und ließen ihn verstummen. Sakito konnte nichts tun, als ihn anzusehen und dann die Augen zu schließen, als er Ni~yas Lippen einen Herzschlag später den eigenen spürte. Der Kuss dauerte nur wenige Augenblicke und dennoch hätte Sakito vor Freude und Erleichterung am liebsten angefangen zu weinen. Seine Knie wurden weich, als er einen Funken Schalk in Ni~yas Augen tanzen sah. „Mit Traditionen soll man schließlich nicht brechen. Erst recht nicht an Neujahr.“ Sein rechter Daumen strich leicht über Sakitos Wange, ehe er einen Schritt zurücktrat. „Fahr nach Hause, Sakito.“ Es waren Worte, die er gefürchtet hatte, aber jetzt waren sie statt von Wut und Bitterkeit, nur von Sorge erfüllt. Und erst jetzt schaffte er es wieder, Ni~yas Lächeln zu erwidern. „Grüß deine Schwester von mir“, meinte er noch, ehe er sich endgültig umdrehte und zurück auf die Straße trat. Er warf einen letzten Blick zurück auf Ni~ya, der ihm hinterher sah, bevor er langsam begann, in Richtung seines Hotels zu laufen. Sakito wusste, dass das hier nicht hieß, dass alles so bleiben konnte, wie bisher. Wenn er noch eine Chance haben wollte, Ni~ya in seinem Leben zu behalten, war er es, der an sich arbeiten musste. Aber da war eine Chance und das war vermutlich mehr, als er das Recht hatte, zu verlangen. Wie hieß es so schön? Es ist niemals vorbei, bis es vorbei ist. Und jetzt lag es an ihm, sicherzustellen, dass dieser Moment nicht kommen würde. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)